20.03.2020

Interview mit Gerry Holenstein

Gerry Holenstein, Chauffeur CAMION TRANSPORT, fährt seit Juni 2019 den Elektro-Lkw eActros.

Was war dein Gedanke, als du erfahren hast, dass du bei der Erprobung des eActros dabei sein kannst?
Gerry:
Ich war sehr positiv gegenüber dem eActros eingestellt. Man fühlt sich auch geehrt, in so einem Projekt involviert zu sein. Von zehn dieser Lastwagen sind zwei in der Schweiz für Testphasen im Einsatz. Dadurch hat man die Möglichkeit, von Anfang an dabei zu sein, was die Arbeit sehr spannend macht.

Wie fährt sich der eActros – auch im Vergleich zum herkömmlichen Diesel-Lkw?
Gerry: Der eActros ist sehr schön zu fahren. Ich bin positiv überrascht. Anfangs war ich etwas skeptisch, vor allem bei der Dosierung der Antriebskraft, da doch enorme Kräfte wirken. Aber ich musste feststellen, dass das Fahrzeug dosiert beschleunigt werden kann. Es reagiert wie ein herkömmlicher Diesel-Lkw.

War eine spezielle Fahrerschulung notwendig, bzw. muss etwas Spezielles im Umgang mit dem eActros beachtet werden?
Gerry: Wir wurden durch Mercedes-Benz vorgängig instruiert und auf das Fahrzeug sensibilisiert, sodass man Sicherheitsmassnahmen präventiv einhalten und die Ladevorgänge korrekt durchführen kann. Wir lernten, wie wir per Knopfdruck die Rückgewinnung von Energie aktivieren können. Jedes Mal, wenn wir das Gas­pedal nicht betätigen oder bergab fahren – also nur rollen – werden die Batterien mittels dem Rekuperations-Retarder geladen.

Was sind die Vorteile des eActros für den Stückgutverkehr?
Gerry: In erster Linie natürlich die emissionsfreien Fahrten, vor allem in der Innenstadt. Ich spüre auch eine sehr grosse Akzeptanz bei Kunden und Bevölkerung. Ein grosses Plus ist auch der mehrheitlich kleinere Serviceintervall. Die Teile sind bis auf die Reifen und die Kühlflüssigkeit für die Aggregate praktisch verschleissfrei.

Wo gibt es Nachteile oder Einschränkungen mit dem Fahrzeug?
Gerry: Einschränkungen gibt es bei der Nutzlast. Der eActros hat zurzeit nur 5 Tonnen Nutzlast im Vergleich zum herkömmlichen Lkw mit 7,5 Tonnen. Ausserdem ist die Reichweite noch eingeschränkt. Aber ansonsten bin ich ein richtiger Fan vom eActros geworden. Man überlegt sich schon beinahe, auch privat einen Elektro-Personenwagen zu kaufen.

Wie sieht ein normaler Tagesablauf des eActros aus? (Routen / Verteilgebiet, Km-Leistung, Aufladen / Stationen)
Gerry: Unser eActros macht im Schnitt rund 100 bis 120 Kilometer pro Tag. Das Stammgebiet ist die Stadt St. Gallen. Dort arbeiten wir auch mit einem Velokurier zusammen. Kleinsendungen laden wir bei diesem Kurier ab und diese werden dann mit Muskelkraft verteilt. Am Morgen kommt der Chauffeur nach Schwarzenbach und koppelt den Lastwagen von der Ladestation ab. Anschliessend wird der eActros an der Rampe beladen und fährt nach St. Gallen. Nachdem er die Kleinsendungen beim Fahrradkurier abgeladen hat, verteilt er die schweren Güter selber an die entsprechenden Empfänger.

Würdest du dir mehr elektrobetriebene Lkws in der Flotte wünschen?
Gerry: Für den Nahverkehr sofort. Vermutlich werden in erster Linie elektrische 7,5-Tonnnen-Fahrzeuge zum Einsatz kommen. Aber grundsätzlich wäre es sehr wünschenswert und vor allem für die Innenstädte wird dies sicherlich zukunftsweisend sein.